Das Bitcoin Netzwerk existiert bereits seit mehr als 12 Jahren. Ins Leben gerufen wurde das dezentrale Zahlungsnetzwerk von Computer-Freaks, die bereits seit Jahren nach einer Möglichkeit geforscht hatten, digitalen Zahlungsverkehr ohne Intermediäre zu ermöglichen. In der Anfangsphase sahen jedoch auch Kriminelle darin eine Chance, illegale Produkte und Dienstleistungen über das Internet zu erwerben oder Geldwäsche zu betreiben. Doch im Laufe der Zeit hat sich das Narrativ gewandelt. Doch wird Bitcoin wirklich so oft von Kriminellen genutzt? Liegen die Kritiker richtig oder sollten sie ihre Ansicht überdenken?

Mittlerweile ist Bitcoin nicht nur bei Fonds und Unternehmen als Investment angekommen, sondern auch als offizielles Zahlungsmittel wie jüngst in El Salvador. Diesen enormen Wandel der letzten Jahre haben aber scheinbar noch nicht alle Marktteilnehmer und -beobachter erkannt – sie sehen Bitcoin immer noch als Vehikel, um Steuern zu hinterziehen oder andere illegale Aktivitäten auszuüben.

Wird Bitcoin wirklich so oft von Kriminellen genutzt?

Der weltweite Bitcoin Standard, den sich viele Befürworter erhoffen, ist noch längst nicht Realität. US-Dollar und Euro gehören aktuell immer noch zu den gängigsten Zahlungsmitteln weltweit. Das geht aus einer aktuellen Statistik des Banken-Zahlungsnetzwerks Swift hervor. Dabei nehmen die beiden Währungen insgesamt 76,34 % des Transaktionsvolumens ein.1 Bargeld-Transfers werden dabei nicht berücksichtigt.

Aber auch im Bereich der Steuerhinterziehung liegen die größten Währungen weit vorne. Unternehmen und wohlhabende Personen suchen immer wieder nach Möglichkeiten, um ihre Steuerlast zu minimieren. Dabei werden aber nicht nur legale Maßnahmen genutzt, sondern auch illegale oder zumindest Grauzonen.

Die Pandora Papers offenbaren erneut, wie oft die gängigen Zahlungsmittel für Steuerhinterziehung von hochrangigen Personen genutzt werden. Bei den Pandora Papers handelt es sich um einen der größten Datenleaks für Steuerhinterziehung und Geldwäsche, die sich daraus ergebenden Erkenntnisse dürften also durchaus repräsentativ sein.

Insgesamt haben Journalisten des Recherche-Netzwerks International Consortium of Investigative Journalists Zugang zu 12 Millionen Dokumenten von insgesamt 14 Offshore-Dienstleistern bekommen. Dabei sind circa 29.000 Fälle von Steuervermeidung oder -hinterziehung bekannt geworden. Die Offshore-Dienstleister haben ihren wohlhabenden Kunden aber nicht nur bei der Vermeidung oder Hinterziehung von Steuern geholfen, sondern auch in einigen Fällen bei Geldwäsche-Aktivitäten.

Die Namen der mutmaßlichen Steuersünder reichen von Sängerin Shakira bis hin zum britischen Premierminister Tony Blair. Demnach nutzen auch hochrangige Politiker kreative Möglichkeiten, um ihre Steuerlast zu minimieren oder sogar Steuern ganz zu vermeiden. Ob dabei Gesetze gebrochen wurden, wird sich im Laufe der Ermittlungen zeigen. Fest steht aber schon jetzt: Die Nutzung von Offshore-Konstrukten zur Steuervermeidung ist unter Superreichen keine Ausnahme, sondern die Regel.

Die Pandora Papers sind wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. 2016 sind ähnliche Informationen über Steuersünder durch die Panama Papers bekannt geworden und haben für viel Aufruhr in der Politik gesorgt. Die Dunkelziffer der weltweiten Steuersünder liegt allerdings gewiss höher.

Bitcoin und Kryptowährungen kaum für illegale Aktivitäten genutzt

Die Pandora Papers bestätigen wieder einmal: Wer Steuern hinterziehen will, tut dies im Regelfall nicht mit Bitcoin & Co, sondern mit US-Dollar oder Euro.

Vor diesem Hintergrund ist es mehr als fragwürdig, dass vor allem Bitcoin und andere Kryptowährungen nach wie vor als Vehikel für Steuerhinterziehung und Geldwäsche von einigen Politikern und Zentralbankern gesehen werden. Erst Anfang diesen Jahres äußerte sich Janet Yellen, Finanzministerin der Vereinigten Staaten, zu Bitcoin und Kryptowährungen mit den folgenden Worten:

“Ich sehe das Versprechen dieser neuen Technologien, aber ich sehe auch die Realität: Kryptowährungen wurden dazu benutzt, die Gewinne von Online-Drogenhändlern zu waschen; sie waren ein Instrument zur Finanzierung des Terrorismus.”

Diese Aussage ist laut dem US-amerikanischen On-Chain-Analyse-Unternehmen Chainanalysis, das regelmäßig für Strafverfolgungsbehörden rund um den Globus aktiv wird, faktisch falsch. Laut dem Crypto Crime Report des Unternehmens lag der Anteil an illegalen Aktivitäten aller Transaktionen mit Kryptowährungen 2019 bei 2,1 %.2 Das entspricht einer Summe von knapp 21,4 Milliarden US-Dollar. 2020 war der Anteil stark rückläufig und lag bei gerade einmal 0,34 % aller Transaktionen bzw. einem Gegenwert von knapp 10 Milliarden US-Dollar. Keine Frage: Jeder Dollar ist ein Dollar zu viel – doch im globalen Maßstab stellt dies keine relevante Größenordnung dar. Gerade von offizieller Seite sollte mit Blick auf Kryptowährungen zumindest mit gleichem Maß gemessen werden.

Kryptowährungen und Bitcoin machen Verbrechern das Leben schwer

Es steht außer Frage, dass es aktuell immer noch viele Möglichkeiten gibt, mit Kryptowährungen Steuern zu vermeiden oder Geldwäsche zu betreiben. Zudem verfügen viele Finanzämter noch nicht über die technischen Mittel und das Know-How, um Jagd auf die Steuersünder zu machen. Das wird sich in den nächsten Jahren, mit zunehmender Relevanz von Kryptowährungen, sicherlich ändern.

Bitcoin und andere Kryptowährungen bieten jedoch langfristig einen enormen Vorteil bei der Suche nach Steuersündern und Geldwäschern. Denn sie sind für alle transparent und speichern jede einzelne Transaktion auf der Blockchain.

Dadurch eignen sich Kryptowährungen im Vergleich zu Bargeld weitaus schlechter für illegale Aktivitäten und werden daher auch nur selten dafür genutzt. Denn die meisten Kryptowährungen sind nicht anonym, sondern pseudonym. Die Adressen und alle damit verbundenen Transaktionen sind bekannt, jedoch nicht ihre Halter. Die nötige Verbindung zu den jeweiligen Haltern liefern in der Regel Krypto-Börsen, die zunehmend reguliert werden und mit Strafverfolgungsbehörden kooperieren.

So ist es 2019 US-amerikanischen Ermittlern gelungen, mithilfe von Bitcoin einen der größten Kinderporno-Ringe im Darknet zu sprengen. Über Informationen aus der Bitcoin Blockchain konnten die Drahtzieher identifiziert werden. So viel zur Anonymität der Krypto-Welt.3

Es ist an der Zeit, dass auch in der Politik der Vorteil öffentlicher Blockchains wahrgenommen wird. Ein gewisser Grad an Regulierung ist fraglos notwendig, um Anlegern und Nutzern die nötige Sicherheit zu bieten. Aber die Kritik, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen hauptsächlich für illegale Aktivitäten genutzt werden, ist nicht nur veraltet, sondern nachweislich widerlegt.

Die aktuelle Skepsis zeigt letztendlich nur eindeutig, dass sich die Entwicklung von dezentralen Zahlungsnetzwerken erst am Anfang befindet. In den nächsten Jahren ist mit einem starken Umdenken in der Politik zu rechnen, denn die Vorteile zu klassischen Zahlungsmitteln liegen auf der Hand.

1 https://www.faz.net/aktuell/finanzen/waehrungswettlauf-mit-euro-wird-mehr-bezahlt-als-mit-dollar-17060308.html
2 https://go.chainalysis.com/rs/503-FAP-074/images/Chainalysis-Crypto-Crime-2021.pdf
https://www.justice.gov/opa/pr/south-korean-national-and-hundreds-others-charged-worldwide-takedown-largest-darknet-child

Erschienen auf capinside.com