Von Martin Schmidt – Krypto-Assets finden immer häufiger ihren Weg in die Portfolios der Anleger. Wer sich dazu entschlossen hat, in Bitcoin, Ethereum und Co. zu investieren, muss sich im nächsten Schritt Fragen stellen, die einem auch aus der Welt der “traditionellen” Investments bekannt sind. Eine davon lautet: Aktiv oder passiv? 

Die Frage, ob aktiv gemanagte Produkte gegenüber passiven Strategien zu bevorzugen sind, wird seit Jahren kontrovers und leidenschaftlich diskutiert. Verfechter von aktiven Investments führen an, dass Outperformance per Definition nur mit aktiven Strategien zu erzielen ist. Befürworter von passiven Index-Produkten argumentieren hingegen, dass diese im Schnitt nach Berücksichtigung aller Kosten besser abschneiden als aktiv gemanagte Fonds.

Schneller reagieren mit aktivem Management

Für Krypto-Anleger stellt sich die Frage: Gelten die Regeln für Aktien-Investments auch bei Krypto-Assets? Die Antwort lautet: Nicht unbedingt, denn es gibt einige Punkte, in denen sich die neue Asset-Klasse unterscheidet. Drei davon wollen wir im Folgenden näher beleuchten:

Erstens: Krypto-Märkte sind noch jung und extrem dynamisch. Würde man Krypto-Märkte mit Aktien vergleichen, hätte man es jenseits der zehn größten Assets ausschließlich mit Small- und Micro-Caps zu tun. Die Folge: Krypto-Märkte sind weniger effizient als Aktienmärkte. Es gibt zwar eine Vielzahl an Informationen, aber keine etablierten Reporting-Standards. Weiterhin gibt es nur wenige professionelle Analyse-Häuser, die standardisierte Research-Reports erstellen. Im Umkehrschluss bedeutet das: In Krypto-Märkten kann noch echtes “Alpha” – also Outperformance – erzielt werden. Oder mit anderen Worten: Gutes Research zahlt sich aus.

Dies kann am Beispiel des Krypto-Assets XRP, bis vor Kurzem die Nummer 3 im Krypto-Universum nach Marktkapitalisierung, illustriert werden. Ripple, die Emittentin von XRP, stand schon seit langem im Verdacht, amerikanisches Wertpapier-Recht etwas lax ausgelegt zu haben. Kurz vor Weihnachten wurde Ripple dann tatsächlich von der amerikanischen Wertpapier-Aufsichtsbehörde SEC angeklagt. Die Folge: Der Kurs von XRP stürzte ab. Viele aktive Manager hatten auf Basis ihrer Analysen dieses Risiko vorhergesehen und dementsprechend ihre XRP-Positionen rechtzeitig liquidiert. Passive Fonds hatten diese Möglichkeit hingegen nicht und mussten dementsprechend Verluste auf ihre zum Teil erheblichen XRP-Positionen hinnehmen. Ein klarer Sieg für aktive Manager.

Spezifische Risikopräferenzen berücksichtigen

Zweitens: Die Frage nach aktiv oder passiv beinhaltet weit mehr als nur die Jagd nach Outperformance. Klar, wenn eine aktive Strategie zu mehr Rendite bei niedrigerem Risiko führt, sind Anleger zufrieden. Aber aktive Strategien können mehr. Beispielsweise ermöglichen sie die Umsetzung spezifischer Risikopräferenzen. So gibt es aktive Fonds, die die Volatilität von Bitcoin oder anderen Krypto-Assets begrenzen. Das geht zwar langfristig auf Kosten der Rendite, für manche Anleger ist das aber trotzdem ein attraktiver Trade-Off. Weiterhin ermöglicht aktives Management das bewusste Setzen von Akzenten im Portfolio. Mit passiven Strategien ist das im Krypto-Bereich nicht möglich, die meisten Index-Produkte sind sehr konzentriert und halten überwiegend Bitcoin. Wenn Anleger Investments abseits der Big-Player wie Bitcoin suchen, kommen sie an aktiven Produkten kaum vorbei.

Die beiden erstgenannten Punkte sprechen für das aktive Management, allerdings gibt es noch einen letzten – dritten – Punkt: Die Herausforderungen. Die Wahl eines aktiven Managers ist eine davon. Kryptos sind eine junge Asset-Klasse und es gibt dementsprechend wenige Manager mit langjährigem Track Record. Vielen Anlegern wird es schwerfallen, ihr Geld Managern zu anzuvertrauen, die ihr Können noch keine drei Jahre unter Beweis gestellt haben. Die Auswahl der aktiven Manager ist überschaubar, und am Ende des Tages zumindest teilweise auch eine Vertrauensfrage.

Wie lautet das Fazit? Den Sieg nach Punkten fährt das aktive Management ein. In jungen Märkten hat es gegenüber passiven Strategien klare Vorteile. Trotzdem haben auch im Krypto-Umfeld beide Varianten ihre Berechtigung und werden ihr Publikum finden.

Erschienen auf: boerse-online.de