Vor dem Hintergrund der Klimakrise und eines global zunehmenden Umweltbewusstseins steigt auch das Interesse am ökologischen Fußabdruck von Investitionsentscheidungen. Es überrascht daher kaum, dass der hohe Energieverbrauch durch das sogenannte „Mining“ von Kryptowährungen derzeit eines der prominentesten Streitthemen in der Diskussion um Krypto-Assets darstellt.

Doch wie stellen sich die Fakten dar? Wie sehr schaden Krypto-Assets wirklich der Umwelt? Und wie sollten umweltbewusste Investoren mit dem Thema umgehen? Im Folgenden räumen wir mit gängigen Mythen rund um das Thema Krypta-Assets und Energieverbrauch auf:

Energie wird nicht unnötig verbraucht, sondern erfüllt einen Zweck!

Vielen ist zunächst unklar, was Mining im digitalen Kontext überhaupt bedeutet und weshalb es Energie verbraucht. Mining ist ein Bestandteil des so genannten Proof-of-Work (PoW) Verfahrens, dass der Sicherheit des Bitcoin-Netzwerkes dient. Dabei versuchen viele Computer („Miner“) gleichzeitig, eine kryptographische Rechenaufgabe zu lösen. Wer die Lösung als erster gefunden hat, darf die Blockchain um einen Block erweitern und erhält dafür die neu geschürften Bitcoin. Durch dieses Prozedere wird sichergestellt, dass nur diejenigen, die in Form von Computer-Hardware und Strom in das Netzwerk investiert haben, Transaktionen bestätigen und die Blockchain ergänzen dürfen. Eine Systemmanipulation (wie das Abwickeln einer unzulässigen Transaktion) müsste von über 50 % des Netzwerkes bestätigt werden, um als gültig zu gelten. Dies wäre jedoch gegensätzlich zu den Interessen der Miner, da das Bitcoin-Netzwerk durch eine Manipulation an Wert verlieren würde; die Miner würden so ihre eigenen Investitionen entwerten. Die von den Minern verwendete Energie steht folglich in direktem Zusammenhang zur Sicherheit des Bitcoins.

Krypto ist nicht nur Bitcoin, Proof-of-Work ist nicht die einzige Alternative

Bevor nun näher auf den Energiebedarf von Bitcoin eingegangen wird, sei darauf hingewiesen, dass neben Bitcoin weitere Krypto-Assets existieren und das energieintensive PoW Verfahren nicht die einzige Möglichkeit darstellt, ein Netzwerk abzusichern. Die derzeit am weitesten Verbreitete Alternative zum Proof-of-Work Verfahren ist das Proof-of-Stake (PoS) Verfahren. Dabei erfolgt die Validierung des Netzwerks nicht durch Berechnungen von Minern, sondern durch eine Abstimmung unter so genannten Validatoren. Die „Stimme“ eines Validators ist proportional zu dessen Anteilen am entsprechenden Krypto-Asset gewichtet. Eine Systemmanipulation bedarf so im Gegensatz zum PoW Verfahren nicht mehr über 50 % der Rechenleistung, sondern nun über 50 % des hinterlegten Kapitals des Netzwerks. Ein Wandel vom PoW zum PoS Verfahren reduziert die benötigte Energie einer Blockchain um über 99,9 %.1 Das PoS Verfahren ist dabei durchaus kein Luftschloss, sondern bereits der aktuelle Stand der Technik. Ethereum, die nach Marktkapitalisierung derzeit zweitgrößte Blockchain, führt derzeit eben diesen Wechsel von PoW zu PoS durch, während ein Großteil der neu entwickelten Blockchains bereits von Beginn an auf PoS setzt.

Der Energiebedarf von Krypto-Assets im Kontext

Von den Systemen, die weiterhin das PoW Verfahren verwenden, ist nach dem Wechsel von Ethereum zum PoS Verfahren nur noch Bitcoin groß genug, um bezüglich seines Energieverbrauchs ins Gewicht zu fallen. Die zur Absicherung des Bitcoin Netzwerkes verwendete Energie beläuft sich derzeit auf etwa 177 TWh pro Jahr.2 Dies klingt im Vergleich zum Energiebedarf von Ländern wie Thailand mit einem Energieverbrauch von 187 TWh pro Jahr3 zunächst erschreckend, vergleicht man den Energiebedarf des oft als „digitales Gold“ bezeichneten Bitcoin jedoch mit der zur Gewinnung und Verarbeitung von „echtem“ Gold notwendigen Energie von 265 TWh,4 so ergibt sich durchaus ein anderes Bild. Dieses Bild wird noch verstärkt, wenn man bedenkt, dass hier nur der reine Energiebedarf betrachtet und weitere negative ökologische sowie soziale Auswirkungen des Goldabbaus noch gar nicht berücksichtigt werden. Auch weitere Vergleiche, etwa mit einem geschätzten Energieverbrauch von 700 TWh durch den Banken-Sektor,4 246 TWh durch die Verwendung von Klimaanlagen in den USA5 und 15 TWh durch das Schauen von Netflix allein in den USA6,7,8 helfen,den Energiebedarf des Bitcoin in seiner Größe einzuordnen.

Bitcoin hat einen überdurchschnittlich „grünen“ Energiemix

Um die Auswirkungen des Energieverbrauchs durch das Mining auf die Umwelt zu bewerten, ist es zudem sinnvoll dessen Energiemix zu betrachten. Der Anteil erneuerbarer Energien liegt beim Bitcoin Mining Schätzungen zufolge derzeit bei 58 %, mit steigender Tendenz.9 Zum Vergleich: Der Anteil an erneuerbaren Energien am deutschen Energiemix beträgt 35 %, während weltweit sogar nur gut 11 % des Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen stammen.10,11

Was bedeutet dies für Investoren?

Die Absicherung des Bitcoin Netzwerks ist also schon heute überdurchschnittlich „grün“ und weniger verschwenderisch als Kritiker es gerne darstellen. Dennoch verbleibt auch bei Krypto-Assets ein „ökologischer Fußabdruck“, den Investoren in ihrer Portfolioentscheidung berücksichtigen können. Zunächst kann der Fußabdruck von PoW-Assets wie Bitcoin bewertet und zu bestehenden Anlagen ins Verhältnis gesetzt werten. Wenn gewünscht, kann der CO2-Fußabdruck dann entsprechend kompensiert werden. Des Weiteren, kann auch innerhalb einer Krypto-Position bewusst auf PoS-Assets mit bedeutend geringerem Energieverbrauch gesetzt werden. So haben Krypto-Assets auch in ESG-orientierten Portfolios ihren Platz.

https://blog.ethereum.org/2021/05/18/country-power-no-more/
https://www.statista.com/statistics/881472/worldwide-bitcoin-energy-consumption/
https://www.worlddata.info/asia/thailand/energy-consumption.php
https://www.nasdaq.com/articles/a-comparison-of-bitcoins-environmental-impact-with-that-of-gold-and-banking-2021-05-04
https://www.energy.gov/energysaver/air-conditioning#:~:text=Three%2Dquarters%20of%20all%20homes,into%20the%20air%20each%20year
https://www.nexttv.com/news/analysis-americans-averaged-600-hours-of-netflix-in-2020
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/19320/umfrage/gesamtbevoelkerung-der-usa/
https://www.nexttv.com/news/analysis-americans-averaged-600-hours-of-netflix-in-2020
https://bitcoinminingcouncil.com/bitcoin-mining-council-survey-confirms-sustainable-power-mix/
10 https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Energie/Erzeugung/_inhalt.html
11 https://www.ren21.net/wp-content/uploads/2019/05/GSR2021_Full_Report.pdf

Erschienen auf capinside.com